Samstag, 26. Oktober 2013

La Cucaracha oder: zu hohe Ansprüche?

Natürlich ist nicht alles eitel Sonnenschein hier.

Ich bin umgezogen vor ein paar Tagen. Zu einer anderen Gastfamilie.
Der Grund: Kakerlaken, das Badezimmer und die Familienverhältnisse.

Mir war von Anfang an klar, dass die Unterkunft bei einer Gastfamilie in einem Land in den Tropen und einem anderen Lebensstandard als in Deutschland zu Überraschungen jeglicher Art führen kann.

Die Familie in San Jose war sicher nicht reich. Die fünf Familienmitglieder lebten sehr beengt, um die drei Zimmer des oberen Stockwerks zu vermieten. Winziges Krabbelgetier und Spinnen in den Zimmern liessen sich nicht vermeiden, auf derartiges war ich auch gefasst. Doch das Bad wurde alle paar Tage geputzt, mein Zimmer gekehrt, sogar das Bett gemacht. Und ich hatte gleich das Gefühl, in der Familie willkommen zu sein und das nicht nur als zahlender Gast.
Hier wurden meine Erwartungen übertroffen, meine Befürchtungen nicht bestätigt.

Ganz anders hier in Monteverde, wo ich schon beim Betreten des Hauses ein ungutes Gefühl hatte. Ich sagte mir aber: nicht vorschnell urteilen, offen bleiben und abwarten.

Ich hielt drei Nächte aus.

Die Kakerlaken und Riesenkäfer in meinem Zimmer waren eine Sache. Viel schlimmer für mich war das Bad, dessen ungepflegter Zustand sich nicht besserte. Und von Familie konnte angesichts der Umstände keine Rede sein.

Die Eltern arbeiten beide 6 Tage die Woche vom frühen Vormittag bis spät in die Nacht in der Küche eines Hotels. Mit im Haus lebt die sehr junge Cousine, die sich in erster Linie um die Kinder kümmmert. Für den Haushalt ist sie scheinbar nicht zuständig.
Ana, die Mutter, eine wirklich liebe Person, bereitete jedenfalls vor der Schule das Frühstück und die Lunchboxen für die Kinder und mich zu. Sie ging einmal sogar noch vorher einkaufen, da Sachen wie Milch und Eier nicht vorhanden waren.
Dass sie sich in der wenigen verbleibenden Zeit  nicht viel um das Haus kümmern kann, liegt auf der Hand. Den Hausherrn sah ich nur, als er mich vom Bus abholte. Morgens schlief er immer noch, als ich mit den Kindern das Haus verliess.

Als dann die dritte Kakerlake aus meinem Hemd kroch, die Haare, die schon bei meinem ersten Gang ins Bad vorhanden waren, sich immer noch an der gleichen Stelle befanden und der Babysitter immer noch gelangweilt nur in den Fernseher guckte, ging ich zu meiner Ansprechpartnerin in dieser Sache und bat um eine Änderung der Unterkunft.

Ich hatte ein saublödes Gefühl dabei. Bin ich ein schlechter Mensch? Eine verwöhnte Tussi? Waren meine Ansprüche unverhältnismäßig hoch? Meine Erwartungen unrealistisch?

Mir wurde versichert: nein, das ist nicht der Fall. Die Situation der Familie habe sich scheinbar geändert, entspräche somit nicht den Abmachungen und ich käme in eine neue Familie noch in den nächsten Stunden.

Ich bin sehr glücklich bei dieser Familie. Es ist aber auch eine ganz andere - vor allem wohlhabendere - Welt hier. Hier findet Familienleben statt.

Wenn ich die Mädchen in der Schule sehe und mit ihnen spreche, nagen Schuldgefühle an mir. Vielleicht finde ich ja noch eine Möglichkeit, die beiden auf ihrem Weg in die Zukunft zu unterstützen.

Pura Vida? Ja, doch, auch das gehört zum Leben.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen